Eine Hochburg der Gründerszene oder gar der so genannten Second Chance nach einem Scheitern, nein, Deutschland ist beides nicht. Doch der Megatrend Silver Society zeigt schon jetzt und wird immer mehr Wirkung zeigen und dies ändern. Da sind sich die Experten, die Trendforscher, die Zukunftsforscher einig: Die Silver Society, also erfahrene, gestandene Menschen der Generation 50+ wirbeln immer mehr durcheinander: Die Altersgruppierungen der Marktforscher, die Art der Wohngemeinschaften, die Art der Lebensgemeinschaften, die Arbeitswelt und ganz sicher auch die Gründerszene. Selbst die ansonsten eher zurückhaltend agierende Kanzlerin meint, Deutschland bräuche eine Kultur des Scheiterns – also nicht mehr die Verachtung des Hingefallenen, sondern die Achtung des Wiederaufstehers, die Unterstützung der Menschen, die von sich aus eine Second Chance suchen.
Diese Kultur des Scheiterns ist einer der Motoren für eine moderne Gründerszene, denn jede Gründung ist mit Risiko verbunden. Bis sich diese Kultur, die in den USA als eines der wenigen guten Beispiele Alltag ist, hier durchsetzt, setzt sich etwas ganz anderes, sehr viel einflussreicheres durch: Die Gelassenheit, die Erfahrung und die entspannte Gesamthaltung der Gründer aus der Silver Society.
In der deutschen Gründerszene zeigen sich aktuell einige interessante Entwicklungen, die wir in drei Trends skizzieren können: Vom Teenpreneur zum Silverpreneur, vom Entrepreneurship zum Intrapreneurship und von Gewinnmaximierung zur Sinnmaximierung. Trends und Gegentrends, die eine gute Zukunft beleuchten. Immer mehr junge Menschen werden schon früh mit dem Gedanken an eine berufliche Selbständigkeit herangeführt, eine frühe Sensibilisierung der Jugend für diese Alternative zum Angestelltendasein erfolgt immer mehr und bereitet den Nährboden für eine lebhaftere Gründerszene. Gründen könnte zeitnah ein wichtiger Punkt des Lebenslaufes sein. Aber am anderen Ende der Zeitschiene erhebt sich eine neue Gründerqualität, die der Silver Society. Gründer der Silver Society sind eine stetig wachsende Gruppe innerhalb einer insgesamt schrumpfenden Gesellschaft. Alterserfahrene, gründungsunerfahrene Silverpreneure werden von erfahrenen Beratern auf den ersten Schritten begleitet und gründen in aller Regel auch mittel- und langfristig erfolgreicher, als die Teenpreneure. In der letzten Dekade ist deren Anteil an den Gesamtgründungen in Deutschland von zwölf auf über 20% gestiegen.
Im Gegensatz zu diesem Trend, ist der zweite Trend nicht primär eine Altersfrage, auch wenn das Alter hier eine gewichtige Rolle spielt, sondern eine Frage des Mindsets. Insgesamt ist die Zeit der coolen Mitzwanziger in Badelatschen, wie Mark Zuckerberg und wenigen, sehr wenigen anderen herausragenden Gründern, hinsichtlich eines entsprechenden Nachwuchses vorbei. Selbst Konzernlenker erkennen zwischenzeitlich, dass die Förderung unternehmerischen Denkens und Handelns [eine Grundbedingung geförderter Beratungen für Jungunternehmen und Bestandsunternehmen], dass eben diese Förderung der Mitarbeiterqualifikation nicht zum Brain Drain führt, sondern entscheidend mit dazu beiträgt, dass wichtige, gute Mitarbeiter langfristig im Unternehmen bleiben. Die nächste Generation der Gründer sind Intrapreneure, Gründer innerhalb bestehender Unternehmen. Sie werben kompetente Menschen aus bestehenden Abteilungen ab, bilden Teams, nutzen unternehmensinterne Venture Capital Fonds und leiten keine Projekte mehr, sondern gründen Tochtergesellschaften für oder mit dem Arbeitgeber, um Visionen in die Tat umzusetzen.
Und auch diese Visionen und Ziele sind Umwälzungen unterworfen, jetzt schon und nicht erst in Zukunft. Immer schneller entwickelt sich der Trend der Gründungsunternehmen von der Gewinnmaximierung hin zur Sinnmaximierung. Menschen wollen Erfüllung im Beruf finden und nicht mehr in ertser Linie Einkommensmaximierung (New Work) – und dies gilt für Gründer der neuen Generation umso mehr. Nicht mehr nur ökonomische Ziele, sondern gemeinwohlorientierte Visionen sind der Motor der Entwicklung, die veränderten Lebensstile sind der Kraftstoff. Diese neuen Tendenzen lassen ein gründungsfreundliches Klima und eine moderne Gründerlandschaft entstehen. Silver Society, New Work, neue Lebensstile, Kreativ-Ökonomie, Intrapreneure – eine gesunde Entwicklung der Wirtschaft und der Gesellschaft.